Story: Das Mythos des "traveller
breakfasts"
Kowloon, Hong Kong (September
1991)
|
Die Übernachtung in den Chungking
Mansions war schon ein Erlebnis für sich. Hoch
über der mit Leuchtreklame eindrucksvoll verzierten Kowloon
Road hatten wir ein Quartier der einfachen Art gefunden.
|
Durch
das vergitterte Fenster im 8. Stock bewunderten Arndt-Olaf und ich
das muntere nächtliche,
schier unermüdliche Treiben. Dazu noch ein letzter Turnschuh
- Einsatz, ... ich bin halt kein Fan von Kakerlaken, und dann liess
es sich in Ruhe schlafen.
Um für
die kommenden Erlebnisse fit zu sein, verspürten wir am nächsten
Morgen den Drang nach einem "verschärften" üppigen
Frühstück. Also gingen
wir ein paar Meter auf der Kowloon Road, um dann beim "Mad
Dog" Pub / Restaurant einzukehren. Das im Keller gelegene Lokal
war im "victorianischen old english style" eingerichtet.
Einfach Klasse, die Athmosphäre. Es wäre auch nicht weiter
aufgefallen, wenn ein britischer Offizier in Uniform von 1890 hereinspaziert
wäre.
|
Schnell
hatten wir uns für ein fieses, greasy "english breakfast"
entschieden.
Die zweisprachige Speisekarte (englisch und chinesisch) gab nicht
nur viel her, sie war auch die Lösung
unseres "Postkarten - Problemes" ... ! Sie
wissen schon, die Erwartungshaltung der zuhause - gebliebenen, die
fürchterlich sauer und enttäuscht sind, wenn sie keine
belanglose oder noch so kitschige Postkarte aus dem Urlaub bekommen
haben.
|
Also wurde nach der Bestellung der
nette chinesische Kellner dafür engagiert, auf unseren Postkarten
die kulinarischen
Highlights der Speisekarte aufzuführen (auf chinesisch, versteht
sich ja wohl von selbst). Allerdings
die Anrede und das "alles klar ?", sowie die An- und Unterschrift
haben wir dann doch lieber selbst übernommen.
|
Als
wir uns so beim üppigen Frühstück stärkten und
geistig auf die kommende Erkundungstour zum Kennenlernen von Hong
Kong vorbereiteten, liess sich eine Gruppe von vier deutschen jungen
Leuten am Nebentisch nieder. Leider war das weder zu übersehen,
noch zu überhören.
Anscheinend
gab es Probleme ernsthafter Natur: |
Wie sich herausstellte, gab es keine
automatische Klo-Spülung in deren Unterkunft (dafür einen
Eimer Wasser + Schöpfkelle), der Aircondition war in der Nacht
viel zu laut & kalt, die Geräusche des Strassenverkehrs
störten, es gibt hier zu viele Hong Kong Chinesen und Inder,
die aufdringlichen "copy-watch" Verkäufer und überhaupt,
das Klima viel zu heiss und das Frühstücksei nicht nach
dem deutschen 4 1/2 Minuten Kochgebot zubereitet ...
|
|
Bei solchen
tiefschürfenden Sorgen kann ich nur sagen:
"Alles
Weicheier und Jammerlappen.
Wärt ihr doch bloss bei Mama zuhause in Deutschland geblieben
!!!"
|
Für
Arndt-Olaf und mich war die Sache sofort sonnenklar. Hier
hilft nur eine offene Einstellung ohne vorgefertigte Erwartungshaltung
und ein "verschärftes traveller - breakfast" (egal
was es ist, solange es eine gute Stärkung verspricht). Dann
kann kommen was will. So lässt es sich völlig relaxed
in weitere Erlebnisse stürzen oder grosszügig mit Situationen
umgehen, die andere als "Unzulänglichkeiten" bezeichnen
würden.
Cheers ... |
Mittlerweile
ist das "traveller - breakfast" ein Mythos in Insider
- Kreisen. |
Harald
Bertram |
|